Gleichstellung

Gleichstellung bedeutet für uns, dass alle Menschen gleiche Chancen haben müssen, keine Diskriminierung erfahren dürfen, für die gleiche Arbeit nicht ungleich viel verdienen und selbstbestimmt über ihren Körper entscheiden können.

Tatsächlich sieht die Welt aber an vielen Stellen noch ganz anders aus: Frauen* verdienen auch heute noch durchschnittlich 21 Prozent weniger als Männer*. Dafür gibt es unterschiedliche Ursachen:

Zum einen werden Frauen* für den gleichen Job oftmals schlechter bezahlt als männliche Kollegen, sie haben oft schlechtere Karrierechancen und stoßen an gläserne Decken. Zum anderen werden einige Berufe, die vor allem von Frauen* ausgeübt werden, insgesamt geringer entlohnt. Dazu gehört insbesondere die Care- oder Sorgearbeit, zum Beispiel die Pflege, die frühkindliche Bildung oder Reinigungsarbeiten. Dieses geringere Gehalt ist kein Zufall, sondern Folge einer strukturellen Diskriminierung. Dies wollen wir bekämpfen, indem wir für faire Gehälter für Erzieher*innen, Grundschullehrer*innen, Pfleger*innen oder Therapeut*innen streiten. Aber auch für alle Berufe außerhalb des Care-Bereichs gilt: gleicher Lohn für gleiche Arbeit und mindestens so viele Chefinnen wie Chefs.

Nicht nur im Beruf ist Sorgearbeit von struktureller Diskriminierung geprägt. Ein Großteil aller Care-Arbeit findet im Privaten statt, wo sie meist unbezahlt von Frauen* übernommen wird. Besonders sichtbar wird die Rollenverteilung in vielen bürgerlichen Kleinfamilien, wo Frauen* oftmals in Teilzeit oder nicht berufstätig sind, während Männer* häufiger die Rolle des Haupt- oder Alleinverdieners einnehmen. Wir wollen, dass Menschen und ihre Lebensentwürfe nicht durch Stereotype eingeschränkt werden.

Wir dürfen die Verantwortung dafür nicht auf die einzelnen Individuen abwälzen. Es braucht eine Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Kinderbetreuung muss kostenlos verfügbar sein. Arbeitsstrukturen müssen sich grundlegend ändern. Unternehmen müssen Männern* und Frauen* ihr Recht auf befristete Teilzeit zugestehen und flexibler werden. Außerdem muss Elternzeit viel stärker paritätisch verteilt sein.

Keine Gleichstellung ohne sexuelle Selbstbestimmung.

Für uns ist klar, dass die Forderungen „Mein Bauch gehört mir“ oder „my body – my choice“ richtig sind und sich leider bis heute nicht erledigt haben. Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland nach wie vor illegal. Nur unter bestimmten Voraussetzungen wird Straffreiheit gewährt, der Eingriff bleibt aber rechtswidrig. Damit verbunden sind Schwangerschaftsabbrüche in unserer Gesellschaft stark stigmatisiert und tabuisiert. Häufig trauen sich ungewollt Schwangere daher nicht, über ihre Situation zu sprechen. Wir finden diesen Zustand unhaltbar und setzen uns dafür ein, die entsprechenden Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch zu streichen und an anderer Stelle z.B. im Sozialgesetzbuch Regelungen dazu zu treffen. Es muss aber auch sichergestellt werden, dass Frauen* wohnortnahen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen haben und Frauenärzt*innen über die Tatsache, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, auf ihren Websiten informieren dürfen.

Tatsächliche Gleichstellung zu wollen, bedeutet für uns auch, dass wir anerkennen, dass Menschen eine besondere Diskriminierung erfahren, die sich als transidentitär identifizieren. In einer Welt, die durch binäre Geschlechterkategorien geprägt ist und in der Heterosexualität immer noch als Norm gilt, sind homosexuelle, trans- oder interesexuelle Personen immer wieder von struktureller Ungleichbehandlung betroffen. Wir stehen dafür ein, dass niemand für die eigene sexuelle Identität, wen sie*er liebt, begehrt oder wie sie*er lebt angefeindet oder diskriminiert wird.

[Auszüge Bundes Jusos Website]

 

Was fordern wir von Niedersachsen?

Mehr Unterstützung für Frauen*häuser

Eine Maßnahme zum direkten Schutz von Frauen* vor häuslicher Gewalt stellen Frauenhäuser dar. Wichtig sind dabei die leichte Zugänglichkeit für Betroffene sowie die ausreichende Versorgung mit Schutzplätzen. Für eine ausreichende Versorgung soll dabei laut Europarat ein Platz pro 7500 Einwohner*innen zur Verfügung stehen. Diese Quote wird von Deutschland deutlich verfehlt. Dies hat zur Folge, dass vielen Frauen* regelmäßig aufgrund von Überfüllung kein Platz in Frauen*häusern geboten werden kann beziehungsweise diese auf andere oftmals weit weg gelegene Frauen*häuser verwiesen werden. Insbesondere in ländlichen Gebieten müssen von häuslicher Gewalt Betroffene oftmals sehr große Entfernungen zurücklegen, um die Möglichkeit eines Schutzplatzes wahrnehmen zu können. Für viele Frauen* ist dies schwer bis unmöglich zu realisieren. Rechnet man die große Zahl all derer, die sich nicht an Beratungsstellen wenden, hinzu, stellt man einen erheblichen Mangel an Schutzplätzen fest. Eine Absage auf einen Platz im Frauen*haus für die Betroffenen führt oftmals zu einem Vertrauensverlust in Beratungs- und Hilfsstellen und lässt die von Gewalt Betroffenen schutzlos zurück. Für uns ist klar: Jede Frau*, die häusliche Gewalt erlebt, muss jederzeit die Möglichkeit haben, wohnortnah Schutz und Betreuung zu erfahren. Wir fordern daher einen Rechtsanspruch auf einen Frauen*hausplatz. Dieser muss mit einer besseren finanziellen Ausstattung von Frauen*häusern und anderen Schutz- und Beratungsstellen einhergehen. Insbesondere sollen diese Stellen auch im ländlichen Raum geschaffen werden.

Unabhängige Untersuchung der Landesbehörden auf die systematische Benachteiligung von Frauen

Wir Jusos fordern, dass sich die niedersächsischen Landesbehörden einer unabhängigen Untersuchung auf die systematische Benachteiligung von Frauen innerhalb der Behörden unterziehen. Dabei müssen der Schutz und die absolute Diskretion bezüglich aller sich äußernden Betroffenen gewährleistet werden. Bestehende Hemmnisse für Frauen sind zunächst zu erkennen und zu benennen, um sie schließlich abzubauen und ggf. neue Mechanismen, Bewertungssysteme und Unterstützungsangebote einzuführen, die sowohl die berufliche als auch alltägliche Diskriminierung von Frauen bekämpfen. Diese Mittel sind unter Einbezug der Betroffenen regelmäßig und anonym zu evaluieren. In dem Zusammenhang ist zu prüfen, ob es genügend Anlaufstellen und Angebote im Falle von sexualisierter Diskriminierung gibt und in welchem Maß diese angenommen werden. 

Mehr Autorinnen* für den Deutschunterricht!

Die Schule ist nicht nur ein Ort der Wissensvermittlung, sondern soll vor allem auch Werte vermitteln und Schüler*innen zu mündigen, sich verantwortlich in die Gesellschaft einbringenden Persönlichkeiten machen. Dazu gehört, das Bewusstsein für die gesellschaftliche Ungleichheit von Frauen und Männern zu wecken und die Reproduktion von Rollenbildern und Stereotypen aktiv zu bekämpfen. Das darf im Deutschunterricht nicht vergessen werden.

Kein Deutsch-Abi ohne kritische Reflexion der patriarchalen Strukturen

In der Qualifikationsphase (Klasse 11+12 des Gymnasiums) gibt es in Niedersachsen für den Deutschunterricht sieben Rahmenthemen, die jeweils aus einem Pflicht- und acht Wahlpflichtmodulen bestehen. In keinem der Pflichtmodule ist die kritische Auseinandersetzung mit Frauenbildern oder patriarchalen Strukturen verankert. Bei den Wahlpflichtmodulen sieht es nicht viel besser aus. Nur drei von 56 behandeln konkret Themen wie eine kritische Reflexion der Frauenrolle in den zu lesenden Werken.  Dabei wäre ein kritischer Umgang mit den Frauenrollen der vorgeschriebenen Literatur dringend nötig. Von Goethes „Faust“ über Kafkas „Verwandlung“ bis zu Büchners „Woyzeck“ – überall herrschen patriarchale Strukturen, Frauen werden vergewaltigt, ermordet und existieren nur in den Rollen der Geliebten, Mutter, Schwester oder Dienerin. Wir fordern die Erweiterung jedes Pflichtmoduls um mindestens ein, die patriarchalen Strukturen und Frauenrollen reflektierendes Pflichtthema, wie z.B. „Patriarchalische Familienstrukturen in Dramen“, „Ich-Suche und Emanzipation von gesellschaftlichen Rollenerwartungen“ und „Emanzipation und Geschlechterrollen in Literatur“. So soll gewährleistet werden, dass Schüler*innen lernen, die in der Literatur (und anderswo) reproduzierten Rollenbilder, zu hinterfragen und zu kritisieren.

Frauenquote für Schullektüren

Schaut man sich die Literaturempfehlungen für die Klassen 5 bis 10 der IGS an, so stellt man fest, dass der Anteil an Autoren 75% beträgt. Nur ein Viertel der empfohlenen Bücher wurde also von Frauen* verfasst. Wir fordern, dass mindestens die Hälfte der empfohlenen Literatur von Frauen* geschrieben sein muss und das Lehrer*innen dazu angehalten werden, mit ihren Klassen genauso viel Literatur von Frauen* wie von Männern zu lesen. Das Patriarchat muss überall bekämpft werden, lasst uns nicht im Deutschunterricht damit aufhören!