Betreuungsgeld – Ein Satz mit x, das war wohl nix!

Das Bundesverfassungsgericht erklärt das Betreuungsgeld für verfassungswidrig. Die umstrittene Familienleistung sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, die entsprechende Regelung deshalb nichtig. Nicht nur der Bund, sondern auch die Länder seien für die Leistung zuständig. Ein Kommentar von Silke Hansmann

Ein weiterer Grund ist die fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes in dieser Frage. Der Bund ist zwar grundgesetzlich dazu verpflichtet, im Rahmen der öffentlichen Fürsorge für eine einheitliche Wirtschafts- und Lebensverhältnisse in Deutschland zu sorgen. Ob das Betreuungsgeld darunter zu fassen ist, war jedoch stets umstritten. In die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen nur solche Maßnahmen, die einen klaren Arbeitsmarktbezug haben, also der Vereinbarkeit von Beruf und Familie dienen wie etwa der Rechtanspruch auf einen Kita-Platz und der Ausbau der Betreuungsinfrastruktur. 

Das Betreuungsgeld hingegen ist vom Charakter her eher eine Prämie für die Nicht-Inanspruchnahme einer staatlichen Subvention.

 

Zum Hintergrund: Das Betreuungsgeld war vor allem auf Drängen der CSU im August 2013 eingeführt worden. Seither erhielten Eltern pro Kind monatlich 150 Euro, wenn das Kind nicht in einer staatlich unterstützten Kindertagesstätte oder in einer Tagespflege betreut wurde. Über das Betreuungsgeld wird jeher leidenschaftlich diskutiert: BefürworterInnen feierten es als Retter der Wahlfreiheit jener Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen wollen. KritikerInnen hingegen bezeichneten es als "Herd- und Bildungsfernhalteprämie", die das Alleinernährermodell befördere und Frauen strukturell davon abhalte einer geregelten Erwerbsarbeit nachzugehen. An dieser Stelle wird auch gegen die grundgesetzlich geforderte Gleichbehandlung von Mann und Frau verstoßen. Durch die Zahlung der Prämie verhält der Staat sich nicht neutral, sondern prämiert ein Erziehungsmodell, das Frauen gravierend benachteiligt. Tatsächlich wird das Betreuungsgeld zu über 94 Prozent von Frauen in Anspruch genommen.

In der Vergangenheit verdeutlichte sich durch die geringen Abrufzahlen, dass das Betreuungsgeld nicht den überwiegenden Wünschen von Familien entspricht und ein falsches Instrument darstellt.

 

Es stellt sich die Frage, wie geht es jetzt weiter? Was tun mit dem Etat von 900 Millionen Euro, der jetzt frei wird? Sowohl die SPD-Bundestagsfraktion als auch die SPD-Landtagsfraktion in Niedersachsen begrüßen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Das Familienministerium unter Leitung von Manuela Schwesig möchte das Geld in den weiteren Ausbau der Kita-Betreuung stecken. Die niedersächsische SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder kündigte an, dass das Geld in Niedersachsen für mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung benötigt wird, daher sollten die Mittel den Ländern zur Verfügung gestellt werden. Durch die Verbesserungen in Krippen und Kitas kommen die ursprünglichen Mittel des Betreuungsgeldes am Ende allen Familien zu Gute. Es könnten so in Niedersachsen bessere Voraussetzungen geschaffen werden für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gefördert sollte vor allem auch der flächendeckende Kita-Ausbau in ländlichen Regionen.

 

Leider ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes eine strukturelle und nicht alle Länder sind auch politisch davon überzeugt, dass das Betreuungsgeld ein falsches Instrument ist. Das Bundesland Bayern unter Führung der CSU hat bereits angekündigt, das Betreuungsgeld in Eigenregie weiter zu zahlen. Dadurch wird die feministische und berechtigte Kritik am Instrument Betreuungsgeld ad absurdum geführt.